The business of business is business?
24. Januar 2018The business of business is business?
Wenn sich die Führer der globalen Politik- und Wirtschaftselite in diesen Tagen im beschaulichen Davos zum alljährlichen Weltwirtschaftsforum treffen, wird es wie immer auch um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen gehen. Ob Klimaschutz, soziale Ungleichheit, Armutsbekämpfung, Bildung: Die Herausforderungen sind groß, und dementsprechend breit sind die Corporate Social Responsibility Agendas vieler Unternehmen.
„Unternehmen müssen einen gesellschaftlichen Zweck verfolgen“
Doch all das reicht nicht, sagt nun ausgerechnet Larry Fink, der Gründer und Inhaber des weltweit größten privaten Vermögensverwalters Blackrock. Anfang des Jahres hat sich Fink in einem offenen Brief an Unternehmensführer weltweit gewandt. Er fordert von Unternehmen, ihre grundlegenden unternehmerischen Werte zu überdenken und sich mit ihren Geschäftsmodellen den drängenden Fragen unserer Zeit zu widmen. Unternehmen dürften sich nicht einzig an Profit orientieren. Vielmehr macht Fink die license to operate davon abhängig, ob Konzerne eine gesellschaftlich relevante Zielsetzung („Purpose“) verfolgen.
Der Inhalt dieses Schreibens ist bemerkenswert, da Blackrock der größte Einzelaktionär vieler globaler Konzerne ist – und damit eigentlich ein Eigeninteresse an möglichst hohen Profiten haben müsste. Keinem privaten Unternehmen gehört ein größerer Anteil der Weltwirtschaft. Alleine bei neun DAX Unternehmen ist Blackrock größter Einzelaktionär. Finks Wort hat daher Gewicht.
Die Abkehr vom Shareholder Value
Dieses Schreiben offenbart einen grundlegenden Sinneswandel, der sich derzeit beobachten lässt. Viele Jahrzehnte konnten sich Unternehmen hinter einer Philosophie verstecken, die mit der prägnanten Formel “The business of business is business!” zusammengefasst werden kann. Der amerikanische Ökonom Milton Friedman, dem dieses Zitat allgemein zugeschrieben wird, war überzeugt: Die soziale Verantwortung von Unternehmen besteht einzig darin, hohe Profite zu generieren. Langfristig – so dachte Friedman – profitieren davon alle Teile der Gesellschaft.
Dass das zu kurz greift und sich Unternehmen dadurch auch langfristig schaden können, ist nun genau der Kern von Finks Kritik. Denn schließlich schränkt die Orientierung auf kurzfristige Gewinne die Innovationsbereitschaft von Unternehmen ein und führt dazu, dass zu lange an Geschäftsmodellen festgehalten wird, die sich eigentlich gesellschaftlich überholt haben. Unternehmen müssen daher den Nachweis bringen, dass sie mit ihrer Tätigkeit – unmittelbar oder mittelbar – zur Lösung der drängendsten Probleme unserer Gesellschaft beitragen.
Klimaschutz und Innovation – Beispiel Automobilwirtschaft
Der Klimawandel nimmt hier eine Schlüsselrolle ein, da das Ausmaß der Herausforderung immens ist – und da jedes Unternehmen mit zur Lösung beitragen und dadurch langfristig profitieren kann. Tesla ist dafür ein gutes Beispiel. Das amerikanische Startup hat genau jene zukunftsweisende Innovationsleistung erbracht, der sich etablierte Automobilhersteller weitgehend verweigert haben – eine praxistaugliche und hochattraktive Alternative zum Verbrennungsmotor zu präsentieren. Zeitweise war der Börsenwert des Unternehmens höher als jener von General Motors, Ford oder BMW – bei einem Bruchteil des Umsatzes. Warum? Weil Tesla mit seinem Geschäftsmodell zur Lösung eines der grundlegenden Probleme der Menschheit beiträgt.
Statt diesem Trend nur zu folgen, hätte die deutsche Automobilwirtschaft die Führungsrolle bereits vor Jahren übernehmen können, schließlich waren die Konzepte längst bekannt. 1994 stellte die damalige Daimler-Benz AG das erste Brennstoffzellenauto der Welt vor – damals noch in der Größe eines Lieferwagens. Nur drei Jahre später passte die Technik schon in ein Modell des Typs A-Klasse. Ein enormer Entwicklungsschritt. In Serie gegangen sind die Fahrzeuge jedoch nie – zu groß war offensichtlich die Versuchung, mit konventionellen Antrieben weiterhin hohe Profite zu erzielen. Die Ironie dabei: Mehr als 20 Jahre nach der Erstvorstellung stellte Daimler auf der IAA 2017 wieder einen Prototyp eines Brennstoffzellenfahrzeugs hervor – möglicherweise zu spät, um damit noch wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Unternehmen für den Klimaschutz – und Klimaschutz für die Unternehmen
Als einzig wirklich übergreifendes Nachhaltigkeitsthema birgt gerade das Thema Klimaschutz das Potenzial, einer der Haupttreiber für Innovation in Unternehmen zu sein. Natürlich ist der Stellenwert nicht immer so groß wie in der Automobilbranche. Dennoch kann jedes Unternehmen davon profitieren, sich im Klimaschutz zu engagieren und eine zukunftsweisende Klimaschutzstrategie auszuarbeiten. Beispielsweise hilft alleine schon die regelmäßige Erstellung einer CO2-Bilanz dabei, Ineffizienzen und Verbesserungspotentiale in Unternehmen zu erkennen und notwendige Veränderungen durchzusetzen. Und eine klare Ausrichtung des eigenen Geschäftsmodells auf den Klimaschutz erhöht die Attraktivität des Angebots für die Kunden. Nicht zuletzt erfordert ein umfassendes Engagement im Klimaschutz auch die Notwendigkeit zur unternehmensübergreifenden Kooperation – schließlich entsteht bei den meisten Unternehmen der Großteil der CO2-Emissionen in vorgelagerten Wertschöpfungsstufen, wird also bereits fertig mit eingekauft. Hier sind innovative Lösungen mehr denn je gefragt.
Eine Analyse von Dr. Christian Reisinger